Rohprotein-Gehalte im Erntegut messen

Die Maisernte im Beratungsgebiet 3 ist derzeit in vollem Gange. Dies bietet für uns die Gelegenheit, die Düngestrategie im Maisanbau mit Hilfe des sogenannten ‚kritischen Rohprotein-Wertes‘ (RPkrit) im siloreifen Erntegut überprüfen. Wichtig ist dabei, dass schlaggenaue Untersuchungen vorliegen: d.h. keine Beprobung aus dem Silohaufen, sondern schlagspezifische Probenahme. In der Regel werden die Maisflächen eines Betriebes einheitlich gedüngt, obwohl sehr unterschiedliche Standortverhältnisse vorliegen können. Dabei variiert das N-Nachlieferungspotential der verschiedenen Schläge z.T. erheblich. Bei Berechnung der N-Düngung zu Mais kann gerade diese Quelle eine N-Überversorgung des Maisbestandes verursachen. Daher erscheint es zweckmäßig, die N-Düngung einzelner Maisschläge im Nachhinein über die Rohproteingehalte (RP-Wert) zu überprüfen. Damit lässt sich eine gezielte und vor allem schlaggenaue N-Versorgung des Maises realisieren, verbunden mit effizientem N-Düngungseinsatz sowie Schonung des Grundwassers.

Hohe Restnitratwerte nach dem Silomaisanbau vor der winterlichen Auswaschungsperiode bringen den Mais immer wieder in den Ruf einer gewässerbelastenden Frucht. Dabei hat Silomais einen moderaten Stickstoffbedarf und wird bei der Ernte oberirdisch vollständig geerntet. Aufgrund seiner Standfestigkeit besitzt der Mais allerdings eine große Toleranz gegenüber hohen Stickstoffgaben, so dass die Gefahr besteht, dass auf Maisflächen das N-Angebot überzogen wird. Zur Beurteilung der  Stickstoffversorgung von Mais kann das von Prof. Taube (CAU Kiel) entwickelte Konzept „kritischer Rohproteingehalt“ genutzt werden und dient somit als Indikator für die gute fachliche Praxis der Düngung. Liegt der RP-Wert im Bereich von 6,2 – 7 % ist der Mais optimal mit Stickstoff versorgt und gleichzeitig der Maximalertrag gesichert. Liegen die Rohproteinwerte über sieben Prozent, ist von einer Überversorgung der Bestände mit Stickstoff sowie steigenden Auswaschungsverlusten auszugehen und es sind Abschläge in der Düngeplanung für das Folgejahr vorzunehmen. Nach Auswertungen der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein sind auf dieser Kalkulationsbasis mehr als 70 Prozent der Maisbestände im Lande mit Stickstoff überversorgt (Techow et al., 2012). Hier bestehen somit erhebliche Reserven für die Betriebe, die zu nutzen sind.

Mehrjährige Ergebnisse aus der gesamten WRRL-Kulisse

Im Beratungsgebiet der GWS Nord (BG 3) werden seit 2009 jährlich ca. 50 - 60 Flächen auf Rohprotein untersucht. Auch für die diesjährige Maisernte führen wir diese Untersuchungen im geringen Umfang auf ausgesuchten Standorten durch. Da außerdem aus allen sechs Beratungsgebieten der WRRL-Kulisse mehrjährige Daten (Zeitraum 2010 – 2013) vorliegen, können mithilfe der höheren Grundgesamtheit der Untersuchungen entsprechende Aussagen getroffen werden.    

Auf Schlagebene denken

Hohe RP-Gehalte im Mais stammen häufig von humosen Flächen oder von solchen, die bereits langjährig mit organischen Düngern versorgt wurden. Derartige Einzelflächen können im Herbst entsprechend hohe Nmin-Werte aufweisen (> 60 kg N/ha), die mit erhöhten N-Austrägen in Verbindung gebracht werden. Die Ergebnisse zeigen, dass mit steigendem RP-Gehalt grundsätzlich keine weitere Steigerung der relativen TM-Erträge erzielt wird. Bei stark überhöhten RP-Werten (Gehaltsklasse >8%) sind die TM-Erträge sogar deutlich unter dem Durchschnitt. Bei Betrachtung der fünfjährigen Ergebnisse aus dem Beratungsgebiet 3 wird zudem deutlich, dass die Gefahr der N-Auswaschung bei höheren RP-Gehalten steigt.

Es ist davon auszugehen, dass die Unkenntnis über die Höhe der N-Nachlieferung am Standort, von dem der Maisbestand in hohem Maße profitiert, zu einer ineffizienten N-Düngungsstrategie verleitet. Zudem wird das am Standort erzielbare Ertragsniveau häufig nicht richtig eingeschätzt, da die tatsächliche Ertragsmenge im Silomaisanbau in der Regel nicht erfasst, sondern nur grob geschätzt wird. Folgenschwer kann die N-Düngungsstrategie auf ein völlig unzutreffendes (höheres) Ertragsniveau ausgerichtet sein. Ertragserfassungen zur Ernte können diesbezüglich Abhilfe schaffen.

Empfehlungen umsetzen – einen Schritt voraus sein

Bei deutlich erhöhten Gehalten und bei regelmäßiger Überschreitung (d.h. dreijährige Ergebnisse in Folge) ist die N-Düngung zu reduzieren oder gar zu unterlassen. Im Mittel der Analysen sollte der RP-Gehalt unter 7% bleiben. Damit kann der Gefahr der hohen Nmin-Werte nach der Maisernte begegnet werden. Umfassende Herbst-Nmin-Untersuchungen im BG3 in den Jahren 2008 bis 2012 zeigen, dass nach Mais neben Winterweizen und -raps die höchsten Nmin-Gehalte nachgewiesen werden. Einzelbetriebliche Auswertungen zeigten, dass die niedrigsten Gehalte in solchen Betrieben gemessen wurden, die konsequent die Empfehlungen der Grundwasserschutzberatung umsetzen: Gezielte N-Düngung unter Einbeziehung der N-Nachlieferung, Bestimmung des N-Bedarfs aufgrund von Ertragsmessungen, Untersuchung und korrekte Anrechnung von Wirtschaftsdüngern mit 80 % des Gesamt-N-Gehaltes, Verzicht auf Bodenbearbeitung im Herbst, Winterbegrünung nach früher Ernte oder Gras-Untersaaten.

Fazit

Die Methode des kritischen RP-Gehaltes stellt ein gutes Instrument dar, um eine Einsparung von Stickstoffdünger und schließlich eine Senkung der N-Austräge in das Grundwasser zu erreichen. Mehrjährige und schlaggenaue Rohproteinwerte der Maisernten liefern den Betriebsleitern eine hilfreiche Orientierung und ermöglichen unter Einhaltung des Grenzwertes eine sensible Bewirtschaftung, insbesondere in gefährdeten Gebieten. Die Stickstoffversorgung bei Mais wird maßgeblich durch die N-Nachlieferung am Standort bestimmt. Die N-Düngung sollte sich nach dem Ertragspotenzial des Standortes richten, d.h. die Maiserträge sind auch tatsächlich zu messen.

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